Foto der Contax RTS von vorne
Kamera von vorne

Olympus 35 SP – die S-Klasse unter den
kompakten Messsucherkameras

Als die Olympus 35 SP 1969 erscheint, ist sie ausstattungstechnisch ihrer Zeit weit voraus. Und auch heute noch besticht sie durch ihre Funktionen und vor allem durch ihr wunderbares Objektiv. Wenn du dich für eine klassische Messsucherkamera interessierst und dir nicht gleich eine Leica zulegen willst, ist die 35 SP eine Überlegung wert. Was sie ausmacht, erfährst du in diesem Review.

Die 1960er war das Jahrzehnt der höherwertigen japanischen Messsucherkameras mit fest verbauten Objektiven. Nahezu alle Hersteller starteten ganze Produktreihen von diesem Kameratyp – Canon mit der Canonet, Yashica mit der Lynx, Konica mit der Auto S und Minolta mit der Hi-Matic. Formal waren sich diese Kameras alle sehr ähnlich, solide gebaut und mit ordentlich abbildenden, lichtstarken, leicht weitwinkligen Objektiven ausgestattet. In dieser Tradition steht auch die Olympus 35 SP, nur dass die Ingenieure bei ihr alles noch ein wenig besser machten.

Fotos der Olympus 35 SP

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Steckbrief

Bauart:
Messsucherkamera mit festem Objektiv für Kleinbildfilm
Baujahr:  
1969 – 1976
Objektiv:
G. Zuiko 42 mm f/1.7, 7 Linsen in 5 Gruppen
ASA/ISO:
25 – 800
Verschluss:
Seiko-FLA Zentralverschluss 1 bis 1/500 + B
Belichtungsmesser:
CdS-Zelle neben dem Sucher. Mittenbetonte Integralmessung und Spot-Messung
Fokussierung:
Manuell
Sucher:
Leuchtrahmen mit Parallaxenmarken, Lichtwertanzeige (EV)
Modi:
Manuell, Vollautomatik
Maße Gehäuse:
ca. 130x 88 x 61 mm, 580 g
Batterie:
PX 625 Quecksilber
Extras:
Selbstauslöser (nur im manuellen Modus)

Design, Ausstattung und Funktionen – Belichtungsmessung de Lux

Das Design der 35 SP ist von ausgewogener Eleganz. Persönlich finde ich sie eine der bestgestalteten Kameras, mit denen ich je fotografiert habe. Sie ist etwas kleiner geraten als die Konkurrenz und liegt mit ihren gut 580 g. angenehm schwer und stabil in der Hand.

Die Olympus ist ein wenig kompakter als beispielsweise die Minolta Hi-Matic 7s oder die Konica Auto S2

Die Bedienelemente der 35 SP sind auf das Wesentliche reduziert, dadurch wirkt die Kamera angenehm aufgeräumt und klar. Auf der Oberseite befindet sich lediglich der Rückspulknopf, der Hot Shoe, der Auslöser, das Filmzählwerk und der Filmtransporthebel. Das ASA/ISO-Wahlrad befindet sich, wie der Hebel zum Öffnen der Rückwand, auf der linken Seite.

Die sehr aufgeräumte Oberseite

Seitenansicht der Olympus 35 SP

Die Filmempfindlichkeit wird an der Seite eingestellt.

Eine der beiden technischen Besonderheiten der Kamera ist, dass der Rückspulknopf nicht nach oben zu ziehen ist. Damit man die Filmpatrone trotzdem gut einlegen kann, gibt es im Kameraboden extra eine Aussparung. Im Kameraboden befindet sich auch das Batteriefach und der Rückspul-Entsperrknopf (was für ein Wort 🤪).

Seitenansicht der Olympus 35 SP

Die Aussparung im Kameraboden erleichtert das Filmeinlegen.

Auf Rückseite der Olympus 35 SP befindet sich außer dem Einblick in den Sucher noch der Knopf, mit dem der Spotbelichtungsmesser aktiviert wird. Und genau mit dieser Funktion hat Olympus sich ein weiteres Mal in die Geschichtsbücher eingeschrieben. Denn die 35 SP war der erste kompakte Messsucher der Welt, der sowohl Integral- als auch Spot-Messung bei voll manueller oder automatischer Belichtungssteuerung in sich vereinte.

Seitenansicht der Olympus 35 SP

Der Knopf für die Spot-Messung muss bis zum Auslösen gedrückt bleiben.

Und damit bin ich auch schon beim nächsten Ausstattungsmerkmal – die Kamera bietet zwei Bedienmodi:

Voll automatisch – du wählst den Bildausschnitt, stellst scharf und um Blende und Belichtungszeit kümmert sich die Kamera. In kontrastreichen Lichtsituationen oder bei Gegenlicht kannst du dann auch noch die Spot-Messung aktivieren und so die automatische Belichtung der Kamera noch verbessern.

Voll manuell – hier stellst du die Blende und Belichtungszeit selber ein. Im manuellen Modus unterstützt dich der eingebaute Belichtungsmesser, denn er zeigt dir im Sucher den EV-Wert an. Diesen EV-Wert (Exposure Value) stellst du dann mit dem Blenden und Zeitenring am Objektiv ein. Der EV-Wert ist durch ein kleines Fenster am Zeitenring sichtbar.

🙋 Wenn du noch mehr über den EV-Wert erfahren willst, sieh dir gerne mein Video zum Belichtungsdreieck an: zum Video

Am oberen Rand des Suchers wird der zu nehmende EV-Wert angezeigt.

Im manuellen Modus, musst du den EV-Wert am Objektiv einstellen.

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Die Handhabung – alles easy oder voll manuell

Man kann mit der Olympus 35 SP sehr zügig arbeiten. Da sie nicht extra eingeschaltet werden muss, kannst du nach dem Fokussieren (nicht vergessen den Objektivdeckel abzunehmen 😎) im Automatik-Modus direkt den Auslöser drücken. Auf die CdS-Zelle des Belichtungsmessers ist verlass, die Olympus misst sehr korrekt.

Blick durch den Sucher der Canon A-1

Automatikmodus – Blenden- und Zeitenring sind auf A gedreht

Den Automatik-Modus aktivierst du, indem du den Zeitenring und den Blendenring auf A stellst. Im Automatik-Modus neigt die Kamera dazu, lieber eine langsamere Zeit zu verwenden, als die Blende weiter zu öffnen. Wenn du also weniger Schärfentiefe im Bild haben möchtest, solltest du eher in den manuellen Modus wechseln. Ach übrigens, die Kamera hat keine Halbautomatik, wenn einer der beiden Ringe nicht auf A steht, ist sie immer im manuellen Modus.

Die Möglichkeit zwischendurch einfach auf die Spot-Messung umzuschalten und den Messwert durch halbes Herunterdrücken des Auslösers speichern zu können, um dann den Bildausschnitt nochmal anzupassen, ist einfach nur genial. Der Messwertspeicher funktioniert übrigens auch, wenn du mit Integralmessung fotografierst. Der Bereich für den Spot-Messer entspricht dem Fokusfeld in der Mitte des Suchers.

Die manuelle Einstellung mittels des EV-Werts gefällt mir, nachdem ich mich daran gewöhnt habe, auch sehr gut. Leider ist die Belichtungsmesseranzeige im manuellen Modus nicht gekoppelt. Das heißt, du musst die Kamera immer vom Auge nehmen, um den EV-Wert einzustellen.

🙋 Für weitere Infos zu Blende und Zeit lies bitte auch den Beitrag Bildbelichtung im Griff. Oder schau dir einfach meine Video-Serie »Analoge Bildbelichtung« hier auf YouTube an.

Blick durch den Sucher der Canon A-1

Blick durch den Sucher

Der Sucher ist okay groß und hell. Der Leuchtrahmen hat Markierungen für den Nahbereich, denn die Kamera hat keinen Parallaxenausgleich.

Neben den guten Funktionen der Kamera ist das Objektiv (42 mm f 1.7) das Highlight. Es ist super aufwendig gebaut, 7 Linsen in 5 Gruppen und bildet super scharf ab.

Für Ken Rockwell ist die Kamera der beste Messsucher mit festverbautem Objektiv aller Zeiten. Du findest seine Hymne hier. Ich schließe mich ihm da gerne an, zumindest habe ich noch keine bessere Kamera in dieser Kategorie in den Händen gehalten.

Die kleinen Schattenseiten einer Ausnahme-Kamera

Auch wenn die Kamera nahe ans Perfekte für mich herankommt, möchte ich dir die Dinge, die ich nicht so knorke finde, nicht vorenthalten.

  1. Das Auslösegeräusch klingt etwas nach Spielzeugkamera.
  2. Die Cds-Zelle ist neben dem Sucher angebracht, wenn du mit Filter fotografieren willst, geht das nur im manuellen Modus und du musst den Filter in die Belichtungseinstellungen mit einrechnen.
  3. Der Belichtungsmesser benötigt eine nicht mehr hergestellte Batterie (PX 625). Du musst also entweder auf einen Batterie-Adapter oder eine WeinCell zurückgreifen, die leider nur zwischen 3 und 6 Monate hält.
  4. Der Beli verbraucht bei Lichteinfall permanent Strom. Wenn du die Kamera also länger nicht nutzt, sperr sie ins Dunkle oder nimm die Batterie raus.

Fazit – schlag zu, wenn du eine bekommen kannst!

Trotz der kleinen Mäkeleien im vorherigen Absatz, halte ich die Olympus 35 SP für ein Meisterwerk des Kamerabaus. Auch wenn sie über 50 Jahre alt ist, vereint sie alles, was eine Kamera dieser Bauart herausragend macht. Ein weiterer riesiger Vorteil ist, dass sie komplett mechanisch funktioniert und den Strom nur für den Belichtungsmesser benötigt. Die Mechanik ist auch sehr schön bei den längeren Belichtungszeiten zu hören, da schnurrt sie wie ein Uhrwerk. Und falls du gerne auch mal einen Blitz benutzt, kannst du mit dem Zentralverschluss natürlich in allen Zeiten blitzen.

Also, wenn du eine in funktionierendem Zustand ergattern kannst, schlag zu. Selbst wenn du sie nicht mögen solltest, kannst du sie gut weiterverkaufen.